"Sag mir wie du isst und ich sage dir, was du bist"
Jean Anthelme Brillat-Savarin, 18. Jahrhundert
Mit aufgestützten Ellenbogen und hängendem Kopf am Tisch sitzen, schnell noch das Messer abschlecken, schmatzend mit offenem Mund beim Tischgespräch mitreden und danach noch einen kleinen Rülpser platzieren: Dieses Verhalten bei Tisch stösst in unserer Kultur auf Ablehnung.
Im Bereich Tischmanieren wird gutes Benehmen als Indiz einer "guten Kinderstube" gewertet, sei dies im privaten Bereich oder bei Geschäftsessen. Wer sich souverän und sicher am Tisch benehmen will, weiss, auf welcher Seite "sein" Brotteller ist, mit welchem Besteck man die Vor- und Hauptspeise isst und wann und wie die Serviette auf den Schoss platziert wird.
Im Mittelalter und in der Renaissance war der Gebrauch von Essgeräten selten. Gegessen wurde von Hand. Als Serviette teilten sich meist zwei Personen ein Tuch, dass zum Abtrocknen der Hände benutzt wurde. Als Teller dienten harte, alte Brotscheiben. Auch zu Beginn des 16. Jh. stand immer noch nicht unbedingt jeder Person ein eigener Teller zu. Alle Gäste bedienten sich von einem Teller in der Mitte des Tisches.
Der Löffel ist eins der ältesten Esswerkzeuge. Wenn das Oberhaupt der Familie starb, vererbte es seinen Löffel an einen Nachkommen. Daher die Redewendung "Den Löffel abgeben".
Messer wurden ebenfalls schon seit langem zum Zerlegen von Tieren gebraucht, jedoch nicht als Besteckteil. Man zerlegte das Fleisch in mundgerechte Stücke und spiesste die Stückchen mit der Messerspitze auf.
Die Gabel startete ihre Karriere als Küchengerät und wurde als "weibisch" verpönt. Die katholische Kirche sah sie wegen ihrer Zacken sogar als Teufelswerkzeug an.
Bis ins 18. Jh. musste der Gast in einem Gasthaus oder als Eingeladener sein Besteck in einem Futteral selber mitnehmen. Dieses Futteral, bzw. Etui, wurde "Besteck" genannt. Die Bezeichnung ging später auf den gesamten Satz der Esswerkzeuge über. Seit der Industriealisierung ist das Besteck Massenware und wird nicht mehr mitgeführt. Quelle: Kulturgeschichte des Essens und Trinkens,1999
In seinem Werk "Über den Umgang mit Menschen" verlor Adolph Freiherr Knigge, entgegen vieler Annahmen, kein Wort über Tischmanieren. Das Thema Essen interessierte ihn einfach zu wenig.